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Ich bin ich und ich bin Transgender!

Ich wurde 1964 in einem männlichem Körper geboren, meine geschlechtliche Identität ist jedoch weiblich. Das Thema beschäftigt mich seit meiner frühesten Kindheit, aber erst seit Februar 2023 bin ich geoutet, sowohl privat als auch beruflich.

Da ich fast mein ganzes Leben als Mann gelebt habe, versuche ich nun meine weibliche Seite auch öffentlich zu leben und zu integrieren.

Mit dieser Webseite möchte ich zum Verständnis und zur Diskussion bezüglich dem Thema Transgender beitragen.

Ich schreibe hier nicht für Transgender im Allgemeinen, sondern ausschließlich über mich und meine Haltungen und Gedanken dazu.

Ich wünsche Euch viel Freude, vielleicht neue Gedanken und spannende Lektüre und stehe gerne für respektvolle Fragen und Rückmeldungen zur Verfügung.

Sabine Walter

Fragen, die oft gestellt werden...

Hier versuche ich Fragen, die mir schon öfter gestellt wurden, zu beantworten

Was bedeutet es eine Trans-Identität zu haben?

Identität ist nichts was man sich aussucht oder das man gerne hätte. Identität hat man und sie lässt sich nicht verändern. Das habe ich in langen Jahrzehnten Therapie lernen müssen, denn die meiste Zeit meines Lebens habe ich versucht mich gegen meine weibliche Identität zu wehren. Habe versucht sie unterdrücken, sie weg zu therapieren…. ich wollte das nicht! Aber Identität fragt nicht danach was du willst, sie ist einfach da und man kann sich dagegen wehren und darunter leiden oder man lebt damit. Das Letztere versuche ich nun seit Februar 2023.

Nicht die Identität ist falsch, sondern die Ablehnung der Gesellschaft. Aber das ist etwas, das jeder kennt, der in irgendeiner Weise nicht in eine fiktive Norm passt.

Als Mann zu leben erzeugt bei mir ein Gefühl von Identitätsverlust, von Verlogenheit, von „nicht-wirklich-da-sein“, von „nicht-wirklich-echt-sein“, von „sich-verstecken-müssen“,von „sich-schämen-müssen“…. es ist eine innere Ablehnung dessen, was ich selbst bin und lebe. Dahinter wartet Depression und  Selbstverletzung.

Es ist aber keine Ablehnung nach dem Motto „ich hasse es ein Mann zu sein“, weil ich nicht gerne Mann bin, sondern ich hasse es nicht ich selbst sein zu können! Denn meine Identität ist weiblich.

Als Sabine fühle ich mich vollständig, authentisch, mit mir im Reinen, echt. Ich bin klarer, bin bei mir, bin da, bin selbstbewußter… ich bin ich!

Sabine / Martin... bist du 2 Personen?

Nein, ich bin eine Person mit einer weiblichen Identität und einem männlichen Körper.

Manchmal kann es für mich wichtig und sinnvoll sein die Möglichkeit zu haben als Mann aufzutreten, denn als Trans-Person ist man ständig der Gefahr der Diskriminierung ausgesetzt. Ebenso gibt es im Alltag Situationen, die für mich einfacher als Mann zu bewerkstelligen sind (Sauna, Arztbesuche, Schwimmbad u.Ä…).

Wie möchtest du angesprochen werden?

Mein Name ist Sabine und meine Pronomen sind sie/ihr.

Für alle, die mich bisher als Martin kennen: bitte verkünstel dich nicht! Ich bin mir bewußt, das Namensgedächtnis läuft automatisiert ab, daher bin ich diesbezüglich ziemlich schmerzfrei. 

Wärst du lieber eine Frau?

Ich BIN von meiner Identität her eine Frau und äußerlich ein Mann. Ich habe aber 59 Jahre lang als Mann gelebt und meine weibliche Identität versteckt und unterdrückt. Nun versuche ich meine weibliche Identität zu integrieren. Es ist also nicht etwas das man sich aussucht, wie man sich ein paar Schuhe aussucht, sondern ich stehe nun endlich zu dem, was ich schon immer bin und war.

Verkleidest du dich gerne?

Ich habe das Gefühl verkleidet zu sein, wenn ich mich männlich kleide. Wenn ich mich weiblich kleide, so ist das Ausdruck meiner Identität und von daher empfinde ich mich als authentisch.

Was hat geschlechtliche Identität mit sexueller Orientierung zu tun?

Die geschlechtliche Identität bezieht sich, wie der Name sagt, auf die Identität, also auf das, wie man sich selbst sieht und erlebt. Die sexuelle Orientierung (also ob man auf Männer oder Frauen steht) hat damit nichts zu tun.

Wie steht deine Familie zu deiner Transition?

Meine Frau und Kinder wussten schon früh von Sabine. Das Thema begleitet mich schon mein ganzes Leben, aber als meine Frau im vergangenen Jahr gestorben ist, ist mein wichtigster Halt im Leben weggebrochen und seitdem wird meine „weibliche“ Seite immer wichtiger für mich. Meine Kinder unterstützen und begleiten mich auf meinem Weg.

Bist du unzufrieden mit deiner männlichen Rolle?

Der Wunsch das Geschlecht zu wechseln hat nichts mit der Unzufriedenheit mit Rollenklischees zu tun. Laut dem Rollenklischee würde ich meine Privilegien als Mann aufgeben um als Frau zu leben. Von Sexismus, Gewalt, Ausgrenzung und schlechterer Bezahlung mal ganz abgesehen. Ganz ehrlich, Frauen haben es nicht leichter als Männer!

Natürlich habe ich auch ich Rollenbilder im Kopf, aber die sind nicht zweigeteilt in Männer = böse und Frauen = gut.
Ganz so einfach schwarz-weiß ist mein Rollenverständnis nicht.

Ich erkenne durchaus auch im Mann-sein positive Eigenschaften (Durchsetzungsfähigkeit, Klarheit, Stabilität, Aggessivität, Offensive…) und nutze sie auch. Aber als Trans-Frau kann ich meine „männlichen“ Verhaltensweisen offener und freier leben, einfach deshalb, weil ich ICH bin. 

Eine Transfrau auf der Bühne?

Während ich als Martin eher zurückhaltend war, war was Auftritte betrifft, so tritt Sabine liebend gerne auf! 
Natürlich waren die ersten Momente als Sabine auf der Bühne zu stehen, sehr spannend für mich, ich fühle mich wohl mt mir, aber wie reagiert das Publikum auf mich? 
Ich versuche möglichst offen mit meiner Transidentität umzugehen und in dem Moment, wenn ich anfange zu musizieren ist es völlig irrelevant, dass ich trans bin. 

Bisher habe ich, nach verständlicherweise anfänglicher Irritation, ausschließlich positive Rückmeldungen erhalten. 

Meine Geschichte

Mit 6 Jahren habe ich erstaunt festgestellt, dass ich mich in Mädchenkleidung deutlich besser fühlte. So fühlte ich mich richtig! Bis dato kannte ich nur das Gefühl, dass ich irgendwie nicht richtig war, ohne dass ich benennen hätte können was es war. Ich habe mich als Kind gehasst. In Frauenkleidung war das wie weggeblasen, plötzlich war ich richtig, plötzlich konnte ich „Ja“ zu mir sagen. Das war ein einschneidendes Erlebnis.

Damals in den Anfang 70er Jahren war es jedoch undenkbar (für mich) dies in der Familie oder gar öffentlich auszuleben. Daher ging es nur heimlich und damit nur selten, aber dann hatte es etwas von Verbotenem, von etwas, für das man sich schämen musste. Auch war die Spannung dann jedes Mal so groß, dass es schließlich eine Nothandlung war und quasi aus mir heraus brach und mich oft genug in schwierige Situationen brachte.
Für das, was ich dabei erlebte gab es auch keine Worte, keine Begrifflichkeit. Ich dachte, dass ich wohl irgendwie etwas pervers veranlagt war oder zumindest verrückt war. Womit es noch wichtiger war es heimlich und unerkannt zu tun. Als Kind habe ich sehr unter dieser Situation gelitten.

Als Jugendlicher habe ich mehrmals den Versuch gestartet mit Freunden oder vertrauten Erwachsenen darüber zu reden, jedoch endete es jedes Mal in einem Desaster. Den letzten Versuch startete ich mit meinem Seelsorger. Damals war ich noch engagiert in christlich, „erweckten“ Kreisen. Die darauf folgende Teufelsaustreibung markiert für mich das Ende meiner christlichen „Karriere“.

Die ganzen Jahre habe ich versucht mein Bedürfnis Frauenkleider anzuziehen und mich darin wohl zu fühlen zu verdrängen. Das war auch noch so, als ich geheiratet habe. Ich dachte: „Jetzt brauche ich das hoffentlich nicht mehr!“ Weit gefehlt! Ich habe mich gegenüber meiner Frau geoutet. Damals meinte ich noch: „ich bin wohl Transvestit“, denn das war der Begriff, den ich für mich akzeptieren konnte. „Transgender“ gab es noch nicht und „transsexuell“ war mir ein Schritt zuviel. Mit 30 Jahren ging ich dann in Psychotherapie. Inzwischen habe ich fast 30 Jahre Therapie hinter mir sowie eine eigene musiktherapeutische Ausbildung und inzwischen weiß ich und akzeptiere, dass ich Transgender bin, dass mein angeborenes körperliches Geschlecht nicht mit meiner Identität übereinstimmt.

Sowohl meine Frau als auch meine Kinder kennen und akzeptieren mich als Sabine, aber ich selbst habe lange Jahrzehnte dazu gebraucht. Erst als meine Frau 2022 starb und damit mein wichtigster Halt im Leben weggebrochen ist, wurde mir klar, dass ich nur weiterleben kann, wenn ich voll und ganz zu mir stehe. Nun bin ich seit Februar 2023 geoutet und bin endlich ich selbst: Sabine!

Das Leben ist ein einziger Versuch und wo es mich hinführt werde ich sehen, aber eines ist sicher:

Leben bedeutet Veränderung!